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Fortschritt braucht die FAZ nicht

Vor anderthalb Monaten habe ich einen langen Eintrag hier gemacht, der gleichzeitig ein Leserbrief war und sich an den konservativen Ex-Chefredakteur der "Augsburger Allgemeinen" Markus Günther richtete, der jetzt frei unter anderem für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Volker Zastrow in dessem Ressort Politik arbeitet und da bevorzugt über "Sexualthemen" schreibt.

Günther hatte (ich verlinke an dieser Stelle bewusst nicht) sein Unbehagen als heterosexueller Mann gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans*-Menschen ausgedrückt. Und einer Politik, die mit entsprechenden Bildungs- und Aktionsplänen (Baden-Württemberg, hier Niedersachsen) für mehr Toleranz und Miteinander sorgen will.

Statt sich damit auseinanderzusetzen, dass selbst Hessen - das Bundesland, in dem das FAZ-Medienhaus steht - unter schwarzgrüner Regierung nicht nur Toleranz und Aufklärung zu sexueller Vielfalt im Koalitionsvertrag festgelegt hat, sondern jetzt ebenfalls an einem Aktionsplan arbeitet, beharrt man lieber weiter darauf, als "normale" Mehrheit die "Unnormalität" der Minderheit auch weiterhin komisch finden zu dürfen.

Das konsequente Anschreiben der FAS/FAZ gegen Homosexualität, Bildungspläne, Aktionspläne, Homo-Ehe und jetzt auch in einem ultrakonservativen Kommentar von Reinhard Müller gegen die Ehe-Öffnung sorgt zwar nicht nur bei mir für Kopfschütteln und regelmäßige Wutausbrüche. Aber medial wird sich dagegen nicht wirklich gewehrt. Denn der politische Mainstream tickt ja dann doch ähnlich.

Umso verwunderlicher, dass in den letzten beiden Wochen ein homophober Kommentar in einem Anzeigen-Blatt für großes Aufsehen sorgte. Nicht nur von der Community und LGBTTIQ-Medien wurde er thematisiert, sondern auch Branchendienste und -vereine wie Meedia, das Medium Magazin und Pro Quote nahmen sich des Themas an. So viel Aufmerksamkeit hätte man sich vor anderthalb Jahren gewünscht, als die Proteste gegen den baden-württembergischen Bildungsplan losgingen, die die Medien, allen voran die örtlichen in Stuttgart, ja trotz mehrfacher Hinweise einfach ignorierten.

Und auch angesichts der Tatsache, dass ein überregionales Medium wie die FAZ konsequent gegen Neuerungen und Errungenschaften queerer Politik anschreibt und ein Autor dabei sogar Grundrechte mit Füßen treten und andere beleidigen darf, reibe ich mir verwundert die Augen. Denn das Kontinuierliche mit der größeren Reichweite ist doch viel gefährlicher.

Wie es der Sprecher der Grünen Jugend Erik Marquardt richtig formulierte, "Wer Fortschritt will, braucht offenbar vor allem keine 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'" - ich kündige jetzt mein Abo wirklich. Und hoffe, dass es viele andere auch tun. Sonst ist nicht nur Deutschland grad peinlich neben Irland, sondern die FAZ auch neben der "Irish Times",  

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