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Whisky Gott sei Dank, kein Bourbon

Whisky-Leckereien
Oban hab ich grad nicht da, aber andere Leckereien.

Ich mag Whisky, und ich mag US-amerikanische Serien. Beides entdecke ich aber erst spät, also, im Fall des Whiskys erst mit fortgeschrittenem Alter, wenn man den guten Tropfen eher zu schätzen weiß. Und im Fall der Serien erst nachdem sie schon im TV liefen und üblicherweise alle anderen schon ihren Senf dazu abgegeben haben.

Angefangen hat es mit "Six Feet Under", für mich immer noch die beste Serie überhaupt. Dann kam "Damages" mit der wunderbaren Glenn Close, für deren fünf Staffeln ich tatsächlich mit Unterbrechungen mehr als drei Jahre gebraucht habe. Nicht zu vergessen "Dexter". Das ging immerhin schneller, denn hier war der Sog irgendwie noch stärker. Ebenso bei "Breaking Bad", aber hier brauche ich noch die letzten beiden Staffeln (nix verraten!).

Das liegt aber auch daran, dass ich zwischendrin mal switche und was anderes gucke oder einfach mal wieder eine intensive Lese-Phase einschiebe. Und so finden jetzt vor Beendigung von "Breaking Bad" "The Wire", "Rizzoli & Isles" und "The Newsroom" statt.

"The Newsroom" ist meine neueste Entdeckung. Wurde mir geschenkt, und ich frage mich, warum ich da nicht eher selbst drauf gekommen bin. Denn so wie "House of Cards" (hier gibt's ja vom US-Remake Gott sei Dank erst zwei Staffeln, ich bin hier also ausnahmsweise mal aktuell!) sollte "The Newsroom" Pflicht-Sicht-Programm für alle Journalisten werden.

In der HBO-Serie, die seit Ende Juni 2012 in den USA ausgestrahlt wird und bei der dann leider nach Staffel 3 Schluss sein wird, wird das fiktive Leben, Lieben und Arbeiten rund um einen Newsroom einer TV-Nachrichtensendung gezeigt - und das ziemlich authentisch. Nicht nur, weil die Redaktion mit wahren Nachrichtenereignissen kämpft (Deepwater-Horizon-Skandal, Afghanistan-Affäre, Tea-Party-Aufstieg, Arabische Revolution in Kairo,...).

Sondern weil auch scheinbar nebensächliche Realitäten gezeigt werden: Der Anchorman, der aufgrund einer Intrige selbst in die Schlagzeilen gerät. Seine Produzentin, die nicht merkt, dass ihr Freund ihre Beziehung politisch nutzt. Der Neuling, der besser recherchiert als der alte Co-Producer, und der Co-Producer, der Wahrheiten nicht sehen will, weil sie noch nicht über den Nachrichten-Ticker liefen. Die Konzernleitung, die Glaubwürdigkeit und journalistischen Erfolg nur an Einschaltquoten festmacht und sich von selbsternannten Managern ohne BWL- und journalistischen Hintergrund korrumpieren lässt.

Und manchmal, und das freut den Popkulturjunkie, der die Autorin ist, dann besonders, gibt es auch nette Verbindungen zwischen Arbeiten, Alltag und Alltagskultur. In der vierten Folge der ersten Staffel muss sich Chefredakteur Charlie einer Befragung "ganz oben" zu den sinkenden Zuschauerzahlen stellen. Charlie, trinkfest und immer mit einer guten Flasche im Büro, fragt, als es ihm zu viel wird: "Jemand was dagegen, wenn ich jetzt gehe und Bourbon trinke?" (Eben typisch amerikanisch.) Der Nachwuchs-Sender-Chef antwortet ihm: "Sie haben schon genug Bourbon für ein ganzes Leben!" "Nicht für mein Leben", entgegnet Charlie. Später sieht man ihn mit der Flasche. Und, größtes Überraschungsmoment dieser Folge: Es ist kein amerikanischer Bourbon, sondern Oban. Ein guter, schottischer Whisky.

Der Mann kann nur ein guter Chefredakteur sein.

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